Gonzo unterwegs

Ein Wohnmobil entsteht

Wie fängt man an? Das habe ich mich lange gefragt. Erstens sollte man eine genaue Vorstellung haben was man bauen will. Welche Materialien, welche Technik, was brauche ich wirklich und was wäre nur überflüssiger Ballast. Ich will das Auto ja nicht hoffnungslos überladen. Da gibt es Wohnkabinen die auf Doppelkabiner-Pickups gestellt werden und hinten zwei Meter über die Hinterachse hinausstehen. Die kommen daher, dass man Angst bekommt. Der hat dann über 1000 kg auf und vor allem hinter der Hinterachse und wer sich etwas mit Physik und Schwerpunkt und so auskennt wird davon sicherlich gebührenden Abstand nehmen.

Das die Geländegängigkeit mit einer Alkovenkabine nicht mehr so gegeben ist war mir ja von Anfang an klar. Durch meterhohe Sahara-Sanddünen täte ich sicher nicht mehr fahren, aber mir geht es mehr darum schöne Übernachtungsplätze zu finden. Und die sind meistens mit einem normalen Wohnmobil nicht zu erreichen. Ich bin mit der alten Wohnkabine hinten drauf durch Islands Hochlandpisten gefahren und das war relativ problemlos. Da geht schon was. Für albanische Bergpisten und griechische Strandzufahrten hat es bis jetzt auch immer gereicht und mehr will ich eigentlich nicht.

Also zurück zur Planung. Mir waren ein paar Sachen wichtig. Keine Kältebrücken wegen der Schimmelgefahr. Kein Gas. Gasflaschen sind schwer und man kann sie im Ausland schlecht nachfüllen. Kompressorkühlschrank (Ich mag kein warmes Bier). Dieselstandheizung mit Boiler für Warmwasser. Ich brauche nur eine Aussendusche aber wenns draussen kalt ist soll wenigstens das Wasser warm sein (Ist wirklich angenehm). Inverter mit reiner Sinuskurve zum laden diverser Elektronikgeräte (Kamera, Macbook, iPhone,). Mittlerweile hat der Inverter 1500 Watt wegen der Nespresso-Maschine (Oh wie dekadent). Gekocht wird übrigens mit Spiritus (Origo 2000 Kocher). Dann gibts noch zwei Solarpaneele am Dach und einen Mosfet zum Laden der 115Ampere AGM Batterie während der Fahrt. Hat bis jetzt immer ausgereicht weil wir selten lange wo stehen. Meistens fahren wir nächsten Tag weiter und sollte mal wirklich die Batterie leer sein, lass ich halt mal das Auto eine Stunde laufen. Wenn ich alleine irgendwo stehe stört es eh keinen.

Und zu guter letzt sollte man sich noch über die Form der Kabine im klaren sein. Ich habe mir zig Kabinen und Expeditionsmobile im www angesehen und bin über einen Anbieter gestolpert, der das für mich schlüssigste Konzept gehabt hat. Sowohl in der Form der Bauart als auch der Inneneinrichtung. Dort kann man auch die Leerkabine erwerben, aber die kostet leer mehr als meine inkl. der ganzen Technik, des Innenausbaues, aller Geräte, Gutachten, TÜV, NOVA-Nachzahlung usw.. Jaja ich weiß. Arbeitszeit ist in Europa kaum mehr zum Leisten…..und übrigbleiben soll ja auch noch was.

Und so machte ich mich auf den Weg durchs unendliche www auf der Suche nach geeigneten GFK-Sandwichplatten, denn aus diesen soll die Kabine bestehen. Fündig geworden bin ich bei einem Kühl-LKW Hersteller in Österreich. Der hatte mit Abstand das beste Preis Leistungs Verhältnis weil er noch dazu die Platten selbst herstellt. Viel günstiger als die üblichen Verdächtigen aus der Expeditionsmobilbranche. Mir kommt oft vor, nur weil „Expedition“ draufsteht, kostet gleich alles doppelt und dreifach. Wie ich die Platten abgeholt habe, hab ich sogar noch einen ganzen Kübel mit Körapur zum Zusammenkleben dazugeschenkt bekommen. Wirklich sehr nett. Aber vorher hatte ich unzählige Stunden damit verbracht die Kabine mitsamt ihrer Inneneinrichtung mit AutoCAD zu zeichnen damit ich alle Maße zur Verfügung habe und die Materialien bestellen kann.

Nachdem ich die Platten gekauft hatte, hab ich alles mit der Handkreissäge zugeschnitten und einfach mit dem Körapur-Kleber zusammengeklebt. Ja, das haltet😉. Aber dann kommen da an den Aussenkanten der ganzen Kabinen der Hersteller noch GFK-Winkel angeklebt zur besseren Stabilisierung und damit das ganze ja schlussendlich auch noch ganz dicht wird.

Die zusammengeklebte Kabine in der alten Garage ohne GFK-Ecken

Es gibt mehrere Möglichkeiten.

1: Winkel kaufen, ablängen und aufkleben. Sauber, schaut gut aus aber teuer…..😩

2: Aluwinkel kaufen und Alu-Ecken biegen und verschweissen. Aber von Materialmix halte ich nichts. Alu und GFK haben einen verschiedenen Temperaturausdehnungskoeffizienten (Kompliziertes Wort😰). Ich habe Kabinen gesehen wo genau zwischen Alu und GFK der Lack gerissen ist. In der Sonne warm, in der Nacht kalt, und das wiederholt sich zig mal. Die Materialien dehnen sich unterschiedlich aus und na ja….gefällt mir halt nicht.

3: Mit GFK-Matten ( Gibt`s meterweise von der Rolle ) Winkel selber herstellen. Umständlich…😠

4: Die GFK-Matte in 20cm breite Streifen schneiden und aussen in 3 Lagen und innen in 2 Lagen einfach auflaminieren. Ist natürlich Arbeit. Das dass Ganze dann auch noch halbwegs gut ausschaut, muss man dann noch alles mit Polyesterkitt kitten und schleifen und kitten und schleifen und….😬 und dann auch noch die ganze Kabine lackieren.

Aber das hat auch seine Vorteile. Man ist beschäftigt, es wird nicht langweilig..😂 Ok, also es kostet viel weniger als die Winkel. (Zu den Winkeln braucht man auch die Ecken, die hab ich aber nirgends gefunden und in 45 Grad sowieso nicht) Die Kabine ist hinterher wie aus einem Guss. Da kommt nirgends Feuchtigkeit rein. Bei aufgeklebten Winkeln bin ich mir da nicht so sicher. Stichwort „Kapillarwirkung“. Ich kann nicht sagen ob so eine Kabine mit aufgeklebten Winkeln stabiler ist als meine, aber ich hatte noch nie Probleme dahin gehend. In Griechenland hab ich mal beim Rückwärtsfahren ein eisernes Eingangsportal so in zwei Meter Höhe übersehen. Es hat nachgegeben, nicht die Kabine…

Ich hab halt Arbeit gehabt, aber in Summe hat mich die Leerkabine mal unter 5000 Euronen gekostet 👍. (Ich hab die Arbeitsstunden nicht gezählt, sonst…😜) Aber ich glaube ich habe vorher in Summe mehr Stunden im Internet verbracht als ich dann für die Kabine gebraucht hab.

Thats it……

Vom Bau der Leerkabine hab ich leider nicht mehr Fotos, weil ich das Handy mit denen ich diese  gemacht habe, meiner Tochter gegeben habe und vergessen habe die Fotos zu sichern. Diese hat sich gedacht ich brauch Speicherplatz für selfies und ..ja..weg waren sie😭😭 (War ja meine Schuld Grmmmpf)

Also hier ist Sie die Leerkabine. Sogar schon mit Fenstern. Nix Besonderes. Normale Seitz Fenster aus dem einschlägigen Campingfachhandel. Eigentlich eine super Sache. relativ günstig, leicht, einfach zum Montieren, mit alubeschichteten Verdunkelungsrollo und Mückenrollo, aber wehe man fährt albanische Berg u. Waldstraßen wo Bäume und Sträucher hereinhängen oder gar durch griechische Olivenhaine. die Fensterscheiben sind aus Plastik. Aber Gott sei Dank gibt es Paste zum herauspolieren von Kratzern. Pro Fenster ca. eine halbe Stunde polieren und nachdem dir die Hand abgefallen ist siehst du wieder was aus dem Fenster raus….Das nächste Mal bin ich nicht mehr so kostenorientiert (geizig) und greif gleich zu KCT-Fenster. Basta.

 

Sie erblickt das Licht der Sonne

Seitenansicht mit Türe

Hie sieht man die überlackierten GFK-Streifen

Zuerst habe ich in der Garage die Innenseite der Kabine fertig laminiert und lackiert. Für außen war leider der Platz zu knapp und so hab ich erst mal mit der Inneneinrichtung angefangen. Es war Winter und so habe ich meine „Tischlerei“ in den Heizkeller verlegt. Mir war eine gemütliche nette Holzoptik wichtig. Ich habe Expeditionsmobile jenseits der 200 000 Euro gesehen die blanke kalte weisse Möbelfronten gehabt haben. Für mich hat das nichts gemütliches. Aber Geschmäcker sind bekanntlich verschieden.

Natürlich habe ich nicht die Möglichkeiten wie eine Tischlerei mit Furnierpresse und CNC-Maschine aber mit ein bisschen guten Willen und Enthusiasmus kann sogar der Maschinenschlosser zum Hobby-Tischler avancieren. Zum Verdanken habe ich das dem Bruder meiner Exfreundin. der war nämlich Tischler und hat mir die Einrichtung meines Land Rovers 110 und später die Einrichtung der alten Kabine gemacht hat. Ich bin ihm heute noch sehr dankbar, dass er mir gezeigt hat wie man mit einfachen Mitteln funktionelle Möbel herstellen kann. Danke Peter😀

Natürlich sollen die Möbel so leicht wie möglich sein und dabei ein gewisses Mass an Stabilität garantieren. Also was nehmen?. Genau…Pappelsperrholz. Relativ leicht und stabil und zu dem noch leicht zu bearbeiten.

Alles was man dazu braucht ist eine gute Stichsäge (Am besten Bosch Blau Akku 18V . Super Teil ich liebe es 😍 ), eine Lamellofräse, eine Oberfräse, Akkuschrauber, Schwingschleifer,  Schraubzwingen, Leim und das wars auch schon. Sollte eh`in keinem Haushalt fehlen😉.

Wie schon oben erwähnt habe ich auch die Möbel auf AutoCAD gezeichnet und dann hab ich mir einen sogenannten Holzauszug erstellt. Also alle Platten habe ich mir zuschneiden lassen. Wichtig dabei ist nur die Maserung des Holzes zu beachten und die Qualität der Platten. Ja keine Baumarkt-Qualität. Im Holzfachhandel kann man die Qualität aussuchen. A-A= Vorher und Hinterseite der Platte top Qualität. A-B= Vorderseite Top, Hinterseite na ja usw… Muss jeder selber wissen was er will.

Wenn ich ein Kasterl baue reicht A-B wenn ich eine Platte zur Raumteilung brauche dann A-A. Sieht man ja von beiden Seiten.

Der Möbelbau selber geht eigentlich recht einfach. Die Lamellofalze anzeichnen, fräsen, dann mit der Oberfräse die Sichtkanten abrunden. Alles schleifen und zum Schluss Lamello-Kekserln rein, Leim auftragen zusammenstecken und Schraubzwingen rauf. Wenn alles fertig ist hab ich die Möbel einfach mit Parkettversiegelungslack lackiert. Mindestens drei mal und dazwischen immer schleifen.

Möbel mit Kissman Kühlschrank und Robinie-Parkett👍

Die Küche

 

 

 

Nachdem ich mit den Möbeln fertig war, war es draussen schon wärmer und ich konnte die Aussenseiten fertig machen. Jetzt konnte ich mich daran machen die Kabine mit dem Auto zu vereinigen. Zuerst musste ich die Ladepritsche abbauen und dann hab ich das Auto einer dringend nötigen Verjüngungskur unterzogen. Nachdem ich jetzt zu stellen am Leiterrahmen dazugekommen bin die mir sonst verborgen blieben nutzte ich natürlich die Gelegenheit alles zu entrosten (wo nötig) und gewissenhaft zu Konservieren. Ausserdem war mit 100 000 km auf dem Tacho auch einiges technisches zu machen. Alle Bremsen neu, Achskugeln vorne, Alle Radlager (präventiv). Ich hab auch gleich einen 66 Liter Zusatztank eingebaut.

 

Die Pritsche ist ab

Viel Arbeit

 

 

 

Nach der Verjüngungskur hat nur mehr der Zwischenrahmen gefehlt, damit ich die Kabine auf das Auto schrauben kann. War für mich fast die leichteste Übung….

Zwischenrahmen

Zwischenrahmen montiert

Und jetzt steht der „Hochzeit“ nichts mehr im Wege😀😀😀

Jipieee fast fertig

 

Die Heckansicht und  einige Bilder von der fast reisefertigen Einrichtung.

 

 

 

 

Küche

Toilette (mitunter das wichtigste 😬)

Dieselstandheizung Webasto Dual-Top

Geschafft. Es gibt Tage im leben da kann man sich so richtig freuen😊